Backpacking in Nordbrabant: Zu Fuß auf dem Pelgrimspad von 's-Hertogenbosch nach Oisterwijk

Nordbrabant als Reiseziel für Backpacker? Na klar, schließlich müssen wir diesen Sommer auf unsere geliebten Fernreisen verzichten und unsere Abenteuerlust anderweitig stillen. Ich werde Ihnen in den nächsten Wochen zeigen, dass man gar nicht so weit zu reisen braucht, wenn man tolle Abenteuer erleben will. Auf einigen 2-tägigen Kurztrips mache ich mich auf die Suche nach machbaren, erschwinglichen und einzigartigen Erlebnissen in dieser Provinz. In Teil 1: Der Pelgrimspad (Pilgerweg) und die Oisterwijker Natur. Auf den Rucksack, fertig, los!

Es ist Anfang Juni 2018, als ich in einem winzigen Dorf an der spanischen Nordküste einen Niederländer treffe. Wir befinden uns beide auf dem Jakobsweg, dem Camino de Santiago: einer beliebten und berühmten Pilgerroute, auf der ich meine Reise ein paar Wochen vorher an der französischen Grenze angetreten hatte. Wir gehen eine Weile nebeneinander her und ich frage ihn, wo er sich auf den Weg gemacht hat. „In Den Bosch, wo ich herkomme“, lautet seine Antwort. Heute, fast auf den Tag genau zwei Jahre später, stehe ich an seinem Startpunkt: vor der Sint-Janskathedraal (St.-Johannes-Kathedrale) in der Innenstadt von 's-Hertogenbosch, von den Einheimischen auch oft den Bosch genannt. Allerdings habe ich keine 3.000, sondern nur etwa 30 Kilometer lange Tour vor mir, die mich auf den besonderen Camino zurückführt, mich aber vor allem in ein Stück Nordbrabant bringt, das ich noch nicht kenne.

Der Pelgrimspad

Die niederländische Jakobsweg-Variante, der LAW 7, ist eine zweiteilige Fernwanderung („lange-afstands-wandeling“, LAW) zwischen Amsterdam und Maastricht, wobei der Startpunkt der zweiten Etappe in Den Bosch liegt. Und so kommt es, dass ich in aller Frühe mit meinen Wanderschuhen vor den Türen der Sint-Janskathedraal stehe. Ich erhasche schnell einen Blick in den Stolz von Den Bosch und mache mich dann auf die Suche nach den ersten Markierungen, die mir den Weg weisen. Mein Weg führt durch alte Stadtmauern und Bastionen hinweg und schon nach wenigen Minuten stehe ich zwischen den Mohnblumen im Naturschutzgebiet Bossche Broek. Links und rechts ein Gruß von Joggern und Menschen, die ihre Hunde Gassi führen, bis ich die Stadt schließlich hinter mir lasse und nur noch ein vereinzelter Wanderer übrig bleibt.

Der Pelgrimspad ist mit rot-weißen Streifen deutlich markiert. Beachten Sie aber bitte, dass diese Route nicht genau mit der offiziellen Jakobsweg-Route übereinstimmt, die an der blauen Markierung mit einer gelben Muschel oder einem gelben Pfeil zu erkennen ist. Im Gegensatz zum Camino führt der Pelgrimspad auch zu einigen Sehenswürdigkeiten in der Umgebung, dadurch macht das Wandern eigentlich noch mehr Spaß.

  • Sint-Jan in 's-Hertogenbosch / Den Bosch
  • Startpunt Pelgrimspad in 's-Hertogenbosch
  • Klaprozen Bossche Broek bij 's-Hertogenbosch

Eine Verschnaufpause beim Fort Isabella

An der Gabelung, an der die beiden Routen sich hinter Den Bosch kurz trennen, folge ich deshalb der rot-weißen Markierung und komme schon kurze Zeit später beim Fort Isabella an. Da ich - wie scheinbar viele andere - noch nie zuvor von diesem Ort zwischen Den Bosch und Vught gehört hatte, habe ich mich erst kurz im Internet darüber informiert, bevor ich mich auf den Weg machte. Da packte mich die Neugier erst recht, denn Fort Isabella wurde im 17. Jahrhundert als Teil der Zuiderwaterlinie (südliche Wasserlinie) erbaut, im 20. Jahrhundert zum Kasernengelände umgewandelt und diente seitdem allerlei Zwecken. Mittlerweile hat sich das Gelände zu einer aufstrebenden sogenannten Außenstadt entwickelt, heute findet man hier verschiedenste kreative Unternehmen und Handwerksbetriebe.

Bei den Toren sticht mir sofort die große Terrasse des Restaurants Pannûkoek en Osteria Ciao Bella ins Auge. Ideal für eine Wanderpause. Und das Tollste: Hinter allem steckt hier eine Geschichte. So erzählt Mijnske van Ciao Bella mir, dass das Restaurant sich in der ehemaligen Kantine der Kaserne befindet. Auf Ihre Empfehlung hin mache ich eine Runde über das Gelände, folge dem Duft der Kaffeebrennerei Pure Flavour und kann schließlich der Versuchung nicht widerstehen, mir bei der Brabantsche Worstenbroodjes-Bäckerei ein kleines Mittagessen – eine niederländische Spezialität, die sich mit einem Würstchen im Schlafrock vergleichen lässt - schmecken zu lassen. Wer genau wie ich mehr über die Geschichten hinter Fort Isabella erfahren möchte, kann sich die kostenlose App Knooppunt Vught herunterladen und für 1 Euro die Route Regiment Wielrijders kaufen. Dabei lernen Sie die Geschichte des Geländes mit Augmented Reality auf eine wirklich außergewöhnliche Art und Weise kennen.

  • Fort Isabella in Vught
  • Osteria Ciao Bella
  • Brabantsche Worstenbroodjes bakkerij in Vught
  • Fort Isabella in Vught

Weiter geht‘s zum Naturschutzgebiet Kampina

Es wird Zeit, mich wieder auf den Weg zu machen. Meine Wanderung führt mich durch die abwechslungsreiche Natur der Vughtse Lunetten, aber zum Beispiel auch zur Gedenkstätte Kamp Vught und dem Fussiladeplaats (Schießplatz). Als ich daran vorbeigehe, liegt eine schier endlose grüne Fläche vor mir. Diese Etappe des Pelgrimspad endet nämlich nach 19 Kilometern in Haaren, ich wandere aber noch ein Stück der zweiten Etappe Richtung Kampina, wo ich auch übernachten werde. Dieses große Naturschutzgebiet verdankt seinem Namen dem römischen „Campina“, was so viel wie Ödland bedeutet. Und nach niederländischen Begriffen ist die Natur hier tatsächlich wild und unberührt – oder vielleicht passender: üppig. Durch Kampina schlängeln sich nicht nur zauberhafte Bäche, hier streunen auch Rehe, Islandpferde und wilde Rinder herum. Und wenn Sie großes Glück haben, können Sie hier sogar einem Rothirsch begegnen. Heute verbirgt der Wald die wilden Tiere vor mir, aber ich befinde mich zweifellos in einem der schönsten Wandergebiete, das ich kenne.

Zum Glück sind die letzten Kilometer des heutigen Tages auch die schönsten, am anstrengendsten sind sie nämlich auf jeden Fall. Für die großen Entfernungen, die ich vor zwei Jahren zurückgelegt habe, fehlt mir eindeutig die Übung. Da kommt eine der vielen Bänke im Wald wie gerufen, denn in meinem Rucksack erwartet mich ein Souvenir, das ich aus Den Bosch mitgebracht habe: ein Bossche Bol (Schokoladenball) von Bakkerij Royal, eine echte niederländische Spezialität. Das ist nicht irgendein x-beliebiger Bossche Bol, denn dort gibt‘s die Mini-Variante. Und das trifft sich gut, denn sie haben auch noch verschiedene Geschmacksrichtungen. Ich habe mir den viel zu leckeren Bossche Bol Karamell-Meersalz ausgesucht, in der Vitrine locken unter anderem aber auch die Varianten Sommerfrüchte und weiße Schokolade-Himbeere!

  • Natuurgebied de Kampina
  • Natuurgebied de Kampina
  • Schapen in natuurgebied de Kampina
  • Bossche Bol van bakkerij Royal in 's-Hertogebosch

Bei Kampina verlasse ich den Pelgrimspad, um zu meinem Nachtquartier zu gelangen. Obwohl das Zentrum von Oisterwijk ganz in der Nähe ist, bin ich von Ruhe und Natur umringt, als ich das Gelände des funkelnagelneuen Kampinastaete vor mir sehe und die Inhaberin Charlotte mit einem herzlichen „Willkommen, schön, dass Sie da sind“ auf mich zukommt. Und dem kann ich nur vollmundig zustimmen, das sehe ich auf den ersten Blick. Schön, dass ich hier bin. Die Cottages, die großzügig über ein Gelände voller Farne, Seerosen und wilder Blumen verteilt sind, sehen aus, als kämen sie direkt aus deinem Märchenbuch. Ich werde zu meinem behaglichen Häuschen begleitet, das mit jedem erdenklichen Komfort ausgestattet ist - von der komfortablen Bettnische, über ein Badezimmer bis hin zur Holzterrasse mit Lounge-Stühlen. Kampinastaete beweist, dass eine Übernachtung in der Natur keineswegs „back to basic“ sein muss. Charlotte, die selbst an diesem Ort aufgewachsen war und zwölf Jahre lang das Boscafè (Waldcafè) daneben führte, hat den in die Tage gekommenen Campingplatz auf diesem Gelände in ein geschmackvolles Naturparadies verzaubert.

Das Schöne an einer Übernachtung in der Natur ist für mich, dass man mit der Sonne schlafen geht und aufsteht. Ich mache es mir also schon in meiner Bettnische gemütlich, bevor es vollkommen dunkel ist, und lausche den raschelnden Vogelgeräuschen und dem Regen, der aufs Dach trommelt. Am nächsten Morgen erwache ich zusammen mit der Natur und einem herrlichen Frühstück auf meiner Terrasse, mit dem das Boscafè alle Gäste beliefert. Ich würde zu gern ein paar Tage hierbleiben. Wanderungen unternehmen, aber auch in aller Ruhe ein gutes Buch und ein Glas Wein genießen. Dafür muss ich wohl ein andermal zurückkommen, denn jetzt ruft meine Wanderung, die mich ins Zentrum von Oisterwijk führt. Nicht direkt, sondern über einen Teil der Verrassende Vennenroute (Überraschende Moorseen-Route) durch die Oisterwijker Wälder und Moorseen, die Charlotte auf einer Karte für mich ausgeklügelt hat.

  • Kampina Staete
  • Kampina Staete
  • Kampina Staete
  • Ontbijtje bij Kampina Staete

Eine Wanderung in den Oisterwijker Wäldern und Moorseen

Und diese Route erweist sich als unglaublich schön. Das Gebiet ist nicht groß, aber mit Bäumen, Moorseen und Heidelandschaften sehr abwechslungsreich. Ich mache ein paar Schnappschüsse, von denen andere später denken, sie wären im Amazonasgebiet entstanden. Ja, Backpacking in Nordbrabant ist wirklich eine tolle Sache. Außerdem findet man hier viele schöne Plätzchen zum Ausruhen, tolle Waldrestaurants und ein ganz besonderes Naturtheater, in dem ich mir eine kurze Atempause gönne. Beim Besucherzentrum des niederländischen Naturdenkmalpflegevereins Natuurmonumenten ist nicht nur die Routenkarte erhältlich, mit der ich unterwegs bin, sondern auch zahllose weitere Wander- und Radwandertouren durch dieses Gebiet. Nach etwa zehn Kilometern im Zickzack durch Wälder und an Moorseen entlang, ist das Zentrum von Oisterwijk in Sichtweite.

  • Oisterwijkse Bossen & Vennen
  • Bezoekerscentrum Natuurmonumenten Oisterwijkse Bossen & Vennen - Groot Speijk

Zu Besuch in der Leerfabriek

Ich erreiche ein einladendes Zentrum voller guter Restaurants, kleiner Boutiquen und schicker Modegeschäfte. Ich wandere noch ein Stück weiter, denn in der Nähe des Bahnhofs trifft man auf einen echten Geheimtipp. Die Leerfabriek, einst die größte Lederfabrik Europas, ist heute eine kreative Hochburg, in der sich allerlei Unternehmer niedergelassen haben. Jeden ersten Dienstag im Monat finden Führungen durch das Gebäude statt, bei denen man die Vergangenheit und die Gegenwart erkunden kann. Falls Ihr Besuch nicht auf einen Dienstag fällt, sollten Sie auf jeden Fall bei Bij Robèrt, der Bäckerei und dem Laden des Bäcker- und Konditormeisters Robèrt van Beckhoven vorbeischauen. Ein langer Gang führt Sie zum Laden. Man kann sich wahrlich Schlimmeres vorstellen, als hier Schlange zu stehen, denn durch die Fenster können Sie Robèrt und seinen Kollegen dabei zusehen, wie sie himmlische Delikatessen zubereiten.

  • Brood van Bij Robèrt
  • Bij Robèrt

Mit einer Leckerei für unterwegs mache ich mich auf zum Bahnhof von Oisterwijk. Dort merke ich, dass die ersten Meter ab der Sint-Janskathedraal für mein Gefühl bestimmt schon eine Woche zurückliegen. Mit jeder Menge neuen Erfahrungen und Inspirationen im Rucksack endet mein erstes Abenteuer in Nordbrabant und ich kann es kaum noch erwarten, bis das zweite beginnt.

Backpacking – das macht man doch nur in fernen Ländern? Weit gefehlt! Schnallen Sie sich den Rucksack auf und entdecken Sie die Schönheit und Vielfältigkeit Nordbrabants. Naline von Reise Magazine „Stop and Stare“ erzählt ihren Erfahrungen als Rucksacktouristin. Neugierig geworden? Dann lesen Sie am besten gleich weiter.