Eine Radtour entlang der Zuiderwaterlinie durch das grüne, historische Brabant

Eine historische Verteidigungslinie, ein wasserbaukundliches Meisterwerk und eine Kette von Kulturerbestätten, die einige der schönsten Orte Nordbrabants miteinander verbinden. Wer sich erstmals mit der Zuiderwaterlinie beschäftigt, trifft auf zahlreiche Geschichten, denkmalgeschützte Bauwerke und Landschaften mit viel Weite. Auf dieser zweitägigen Reise entlang der ältesten, längsten und am häufigsten genutzten Wasserverteidigungslinie der Niederlande fahre ich mit Fahrrad und Auto fünf der elf Festungsstädte an und bekomme dabei jede Menge zu sehen, zu tun und zu verkosten.

Südholländischen Wasserlinie

Von jeher haben die Niederländer nicht nur gegen das Wasser gekämpft, sondern auch mit ihm. Schon im Spanisch-Niederländischen Krieg wurde es in Nordbrabant als Verteidigungsmittel eingesetzt. Die Zuiderwaterlinie durchquert die gesamte Provinz: von Grave im Osten bis nach Bergen op Zoom im Westen. Die Linie verteidigte Nordbrabant gegen die Spanier und später auch gegen die Franzosen und Belgier. Heute manifestiert sich die Linie in einer Kette von historischen Orten mit zahlreichen Sehenswürdigkeiten, zwischen denen sich grüne Weite erstreckt.

Tipp: Entlang der Zuiderwaterlinie verläuft ein ausgeschilderter Wanderweg. Man kann den Zuiderwaterlinie Wandelpad in kürzeren Abschnitten erwandern oder im Ganzen, im letzteren Fall besucht man alle an den 290 Kilometern liegenden Festungsstädte. 

  • Heusden bovenaf
  • van Cleef Bolwerk Ravenstein

Historische Hauptstadt ’s Hertogenbosch

Meine Erkundungstour startet in ’s-Hertogenbosch, denn wussten Sie, dass die Hauptstadt der Provinz Nordbrabant gleichzeitig eine Festungsstadt ist? Im Spanisch-Niederländischen Krieg trug sie den Beinamen „Moerasdraak“ (Sumpfdrache), was auf das umliegende Sumpfland zurückzuführen war. Die Naturlandschaft Bossche Broek, die am Fuß der schön restaurierten Stadtwälle liegt, ist heute ein wunderbares Gelände zum Wandern und Radfahren. Unter anderem findet man hier die nationalgeschichtlich bedeutsame Bastion Oranje mit dem unterirdischen Besucherzentrum Bastionder, wo man umfassenden Einblick in die Kriegsgeschichte der Stadt erhält. Den wehrhaften Charakter ’s‑Hertogenboschs spürt man auch heute noch bei der Verteidigungsanlage Bolwerk Sint Jan: Einst war dies der wichtigste Zugang zur Stadt, heute ist es einer der beliebtesten Orte für ein erfrischendes Getränk oder einen Mittagsimbiss am Wasser.

Eine Bootsrundfahrt auf dem städtischen Kanalsystem Binnendieze, eine Besteigung der St.‑Johannes-Kathedrale und eine Wanderung durch den historischen Stadtteil Uilenburg dürfen eigentlich nicht fehlen, wenn man die Stadt so richtig erkunden möchte. Das gilt übrigens auch für die Besichtigung des Noordbrabants Museum, in dem u. a. Werke von Hieronymus Bosch und Vincent van Gogh ausgestellt werden. Bei mir bleibt es für dieses Mal bei einem Stadtrundgang, denn auf mich wartet heute noch eine weitere Festungsstadt: Heusden!

  • Sint-Jan in 's-Hertogenbosch / Den Bosch
  • Binnendieze 's-Hertogenbosch
  • Noordbrabants Museum in 's-Hertogenbosch

Das spezielle Flair von Heusden

Von ’s‑Hertogenboschs Innenstadt aus radle ich innerhalb einer Viertelstunde nach Heusden, das wegen seiner besonders authentisch erhaltenen Festungsanlagen geschätzt wird. Und das völlig zu recht. Hier streife ich endlos lange durch die schönen Straßen, in denen man auch heute noch die Vergangenheit spürt. Ich erklettere die Stadtmauer und schaue mir auf dem Vismarkt (Fischmarkt) die Augen aus. Der Mittelpunkt der Festung ist heute ein stark besuchter Platz mit zahlreichen Lokalen und Außengastronomie. Halten Sie unbedingt Ausschau nach dem Fleck, von dem aus man zwischen den Häusern hindurch bis zum Stadthafen und zur Mühle blicken kann! Zwar ist Heusden sehr kompakt angelegt, es gibt aber neben den vielen denkmalgeschützten Gebäuden auch ein paar nette Einkaufsstraßen und gute Restaurants, die der Stadt ihr spezielles Flair verleihen. Restaurantempfehlung: Spazieren Sie beim Hafen von der Stadtmauer über die Zugbrücke und nehmen Sie an einem Tisch im Boei35 Platz. Von diesem Restaurant aus haben Sie einen tollen Blick auf die Festung!

Ich kehre nach ’s-Hertogenbosch zurück, wo ich im außergewöhnlichen Klosterhotel Soete Moeder übernachte, dessen viele kleine Details sprechende Zeugen der Vergangenheit sind. Nach einer guten Nachtruhe und einem köstlichen Frühstück im Klostergarten ist es Zeit für Teil zwei meiner Tour der Festungsstädte.

  • Vestingstad Heusden
  • Soete Moeder

Das „Ausland“ Nordbrabants

Also fahre ich in den Nordosten der Provinz, wo ich aufs Fahrrad umsteige und die Festungsstädte Grave, Megen und Ravenstein erkunde. Als dieses Gebiet unter anderem zum Herzogtum Kleve gehörte, galt es aus Sicht Nordbrabants eine Zeit lang gewissermaßen als Ausland. Über die typischen „Keinderkupkes“ (Kopfsteinpflaster) schlendere ich durch die historische Altstadt meines Startpunktes: Grave. Sie war die am häufigsten belagerte Festung der Verteidigungslinie und bot regelmäßig fünfmal so viel Soldaten wie Einwohnern Obdach.

Mein erster Zwischenstopp ist das Rathaus (Stadhuis), in dem nicht nur die Fremdenverkehrsbüro VVV untergebracht ist, sondern auch das Besucherzentrum zur Zuiderwaterlinie. Der Gang durch die Ausstellung führt an legendären Orten aus der niederländischen Geschichte mit klingenden Namen vorbei, wie z. B. „Bastion Bekaf“ (bekaf = erschöpft). Eine Überraschung erwartet mich am Rand der Innenstadt, wo ich durch das imposante Stadttor Hampoort, das heute auch das Museum der Stadt beherbergt, zum Festungspark Kat hinaufklimme. Der Wall sollte seinerzeit Kugeln abfangen und bietet aus elf Metern Höhe einen tollen Blick auf die Festung. 

  • Bezienswaardigheden Grave
  • Megen naar Ravenstein molen
  • Winkel Grave
  • Stadstuin Ravenstein Leerlooijershuisje

Reizvolle Landschaft Richtung Megen

Zeit, um aufs Fahrrad zu steigen, denn vor mir liegen noch ein paar Kilometer landschaftlich schöne Strecke. Und reizvoll wird es gleich zu Beginn beim Dörfchen Velp, als zwischen meterhohen Maisfeldern plötzlich das Emmauskloster auftaucht: das älteste Kapuzinerkloster der Niederlande. Besucher können hier sogar übernachten. Ich aber radle auf kurvigen Wegen weiter durch eine Agrarlandschaft, in der auf Bauernhöfen rechts und links am Weg die schmackhaftesten Erzeugnisse verkauft werden, wie z. B. im Hofladen de Streekhoeve in Reek. Über Waldwege in der Naturlandschaft Herperduin, die zur „Urlandschaft“ De Maashorst gehören, gelange ich schließlich zu typisch holländischen Deichpfaden. Direkt vor mir winken schon die Dächer von Megen, aber ich mache schnell noch einen Abstecher zur Brauerei Oijen. Unterm Sonnenschirm mit Blick auf die umliegenden Wiesen lasse ich mir ein Oijens Radler schmecken Wer sich nicht für eine einzige Biersorte entscheiden kann oder will, nehme sich einfach die Zeit für eine Oijens-Verkostung!

Zwar ist Megen die kleinste der an der Zuiderwaterlinie liegenden Festungsstädte, doch bei der historischen Gevangenpoort herrscht bunter Trubel. Erbaut im Jahre 1386, war es einst ein berüchtigtes Gefängnis, heute können die Gäste im gleichnamigen Restaurant nach Herzenslust schlemmen.

  • Vestingstad Megen
  • Plein Megen
  • Vestingstad Megen

Die Entdeckung von Ravenstein

Was nun kommt, ist wohl doch der schönste Teil meiner Radtour: Auf dem Deich fahrend, die Maas als treuen Begleiter neben mir, mäandert der Weg durch eine weite, hier und da mit Kirchen und Mühlen geschmückte Landschaft. Schon bald erscheint Ravenstein am Horizont, die Festungsstadt, die schon bald mein Favorit werden soll. Der Grund dafür sind die außergewöhnlich fotogenen Gassen, die einen von selbst zu sehenswürdigen Orten leiten. So zum Beispiel zum Stadtgarten, in dem das ehemalige Gerberhäuschen (leerlooierijhuisje) steht. Hier auf dem historischen Stadtwall, in dieser ruhigen Oase mit ihrer Blumenfülle, befindet man sich in einem der letzten Reste der Bebauung aus dem 19. Jahrhundert, die einst die Zünfte beherbergte.

Wieder zurück auf dem Marktplatz schlendere ich zur Mühle, der höchsten Galerieholländermühle Nordbrabants. Heute ist hier die Stadsbrouwerij Wilskracht untergebracht, in der die Braumeister Wil und Wil nach traditionellen Methoden ihre Biere brauen. Ich werfe einen Blick in die blubbernden Kessel und schlendere durch den Laden, der nicht nur lokale Biere führt, sondern auch köstliche, regionale Produkte. Wer an einem Samstag kommt, kann auf Wunsch an einer Mühlenführung teilnehmen.

  • Vestingstad Ravenstein
  • Stadstuin Ravenstein museum
  • Stadstuin Ravenstein

Wildnistour im Keent

Auf den letzten Kilometern Richtung Grave komme ich kurz vor Ende meiner Reise noch durch ein ganz erstaunliches Gebiet. Die Naturlandschaft Keent war ursprünglich eine Insel in der Maas, ist heute jedoch mit dem Uferland verbunden. Als Schutz vor Hochwasser hatte man ein großes Stück des in den 1930er-Jahren trockengelegten Maasbogens wieder ausgegraben. Dadurch entstand eine einzigartige Naturlandschaft mit wunderschönen Spazierwegen. Ich radle kreuz und quer durch das Areal und muss nach jeder Kurve kurz anhalten, weil mich schon wieder ein toller Anblick erwartet, wie beispielsweise eine Herde grasender Tauros-Rinder. Auch schottische Hochlandrinder und Exmoor-Ponys leben in diesem Gebiet.

  • Keent
  • Kudde Taurusrunderen Keent

Dies ist der krönende Abschluss einer höchst bemerkenswerten Radtour. Denn die Zuiderwaterlinie hat nicht nur historische Städte und malerische Dörfer zu bieten, sondern auch weite Landstriche voller Sehenswürdigkeiten und Schlemmeradressen. Und so taucht im Licht der untergehenden Sonne die Festung Grave wieder am Horizont auf und damit auch das Ende meiner Radtour entlang der Zuiderwaterlinie. Zwei Tage, fünf Festungsstädte und zahllose Offenbarungen – schön war sie, diese historisch und landschaftlich reizvolle Tour in Nordbrabant.

Naline vom Online-Reisemagazin Stop and Stare ist regelmäßig für uns in Nordbrabant unterwegs und berichtet über ihre Erfahrungen. Haben wir Ihr Interesse geweckt? Lesen Sie auch ihre anderen Erlebnisse.